Foodstyling
Mein aussergewöhnlicher Job

Die feinen Tricks hinter Foodstyling

31.05.2022
von Akvile Arlauskaite

Ihr Job ist es, Lebensmittel ins beste Licht zu rücken. Foodfotograf:innen Jules Moser und Pascalle Stettler sprechen über ihren Berufsalltag sowie darüber, worauf es beim Foodstyling ankommt.

Wie sind Sie dazu gekommen, eine Karriere als Foodfotograf:innen einzuschlagen und inwieweit kamen Sie dabei auch mit Foodstyling in Kontakt?

Pascalle Stettler: Als gelernte Fotografin habe ich bereits während meiner Ausbildung die Leidenschaft an der Foodfotografie entdeckt. Dies vor allem, weil ich als Zöliakiebetroffene glutenfreie Rezepte veröffentlichen wollte – mit Bildern, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Ich wollte, dass das Wort «glutenfrei» mit leckerem Essen in Verbindung gebracht wird. Dazu gehörte das Fotografieren, aber auch das Anrichten und Stylen der Gerichte.

Jules Moser: Als selbstständiger Fotograf habe ich durch einen Job mit Glacé den Weg in die Foodfotografie gefunden. Das Styling gehörte für mich von Anfang an mit dazu.

Womit sind Sie in Ihrem Arbeitsalltag konkret beschäftigt und inwieweit sind Sie auch für das Styling zuständig?

Jules Moser: Unser Tag beginnt in der Regel damit, dass wir die Bilder vom letzten Shooting bearbeiten und danach das Studio auf das nächste vorbereiten. Sobald die Kund:innen bei uns eintreffen, wird besprochen, was ansteht und welche Vorstellungen sie haben. Dann werden die Gerichte zubereitet, auf dem passenden Geschirr angerichtet, im Set platziert und dekoriert. Gerade bei kleineren Shootings, bei denen sich unsere Kund:innen keine:n zusätzliche:n Stylist:in leisten können oder wollen, übernehmen wir diesen Teil. Für die restlichen Aufträge arbeiten wir mit einigen wirklich tollen Foodstylist:innen zusammen. Das gestylte Arrangement wird anschliessend fotografiert, auf Wunsch in ein Layout eingefügt und angepasst. Dann ist das Bild im Kasten. Arbeiten schnelle Köch:innen parallel zum Shooting, schaffen wir es, bis zu zwölf Menüs pro Tag zu fotografieren.

Foodfotograf:innen Pascalle Stettler und Jules Moser

Foodfotograf:innen Pascalle Stettler und Jules Moser

Wann ist der Bedarf nach Foodstylist:innen in der Branche aufgekommen?

Jules Moser: Für hochwertige Aufnahmen hatte man auch schon vor 35 Jahren Foodstylist:innen – erfahrene Köch:innen mit einem Talent für «schönes Anrichten».

Pascalle Stettler: Ich kann mir aber gut vorstellen, dass der Beruf in der heutigen Zeit durch soziale Medien bekannter geworden ist, auch bei Menschen, die nichts mit der Foodfotografie oder Ähnlichem zu tun haben. Dadurch gibt es bestimmt auch mehr Personen, die sich als Foodstylist:innen bezeichnen.

Wie verbreitet ist dieser Beruf hierzulande?

Jules Moser: Nicht besonders. Professionelle Foodstylist:innen, die für ihren Stil bekannt sind, kann man in der Schweiz wohl an zwei Händen abzählen.

Was müssen Foodstylist:innen besonders gut können?

Pascalle Stettler: Das A und O ist das Auge für Farben und Formen. Zudem müssen Foodstylist:innen sich gut mit Lebensmitteln auskennen und das Talent haben, Gerichte appetitlich in Szene zu setzen. Sie müssen also wissen, was zusammengehört, wie es aussehen sollte und wie man es zubereitet.

 Jules Moser: Danach kommen die Foodfotograf:innen ins Spiel, welche das passende Licht und die Perspektive wählen. Fotografiert man das schöne Gericht mit dem falschen Licht, wird das Bild trotz des Foodstylings nicht gut. Das Gleiche gilt aber auch umgekehrt. Deshalb ist es wichtig, als Foodstylist:in im Team arbeiten zu können.

Professionelle Foodstylist:innen, die für ihren Stil bekannt sind, kann man in der Schweiz wohl an zwei Händen abzählen.

Wie kann man sich die Fähigkeiten für das Foodstyling aneignen?

Pascalle Stettler: In der Schweiz gibt es dafür keine Ausbildung. In der Regel kommen Foodstylist:innen über ihre Arbeit als Köch:innen zu diesem Beruf. Während sie sich mit Lebensmitteln bereits auskennen, eignen sie sich die Fertigkeiten des Foodstylings über die Jahre von ganz allein an.

Jules Moser: Und was uns Foodfotograf:innen betrifft: Wenn man täglich mit Köch:innen und Stylist:innen arbeitet, kann man so einiges lernen. Hinzu kommt, dass man durch die Leidenschaft für Foodfotografie auch ein Händchen für das Styling besitzt. Das eine funktioniert ohne das andere nur halb so gut.

Worauf achten Sie beim Anrichten der Lebensmittel konkret?

Pascalle Stettler: Wir verwenden stets frische und vor allem schöne Ware. Ein Apfel mit einer braunen Stelle hat auf unseren Bildern nichts verloren, auch wenn man das im Nachhinein retuschieren könnte.

Jules Moser: Weiter ist es relevant, in welchem Winkel das Essen platziert wird. Wird ein angeschnittenes Stück Fleisch fotografiert, setzen wir es so auf den Teller, dass der Schnitt gut im Licht liegt, damit die Struktur und die Farbe erkennbar sind. Auch die Perspektive spielt eine grosse Rolle. Einen Burger würden wir etwa nicht von oben fotografieren. Die vielen Schichten sind nur von der Seite erkennbar.

Gibt es Tricks, die Sie beim Foodstyling regelmässig anwenden?

Jules Moser: Bei Suppen mit Einlage wie etwa Gemüse legen wir ein Schälchen umgekehrt in die Schüssel rein. So braucht man weniger Suppe und das gesamte Gemüse liegt oben auf, statt auf den Boden zu sinken. Alternativ kann auch Kartoffelstock benutzt werden, um die Suppenschüssel aufzufüllen.

Wir tricksen jedoch generell kaum. Vielmehr setzen wir auf Authentizität und Frische: Das Set steht, das Gericht kommt, das Bild entsteht und fertig. Es ist entscheidend, dass zwischen dem Anrichten und dem finalen Bild nur sehr wenig Zeit vergeht. Oft sieht man, dass etwa Leim statt Käse oder Motorenöl statt Ahornsirup verwendet werden. Sowas gibt es bei uns nicht. Ein Vorteil aus dem Verzicht auf solche giftigen Substanzen ist, dass die Lebensmittel nach dem Shooting noch essbar sind.

Welche Lebensmittel sind besonders schwierig zu stylen?

Jules Moser: Fleisch. Die Textur muss haargenau stimmen. Auf einem Bild sieht man nämlich direkt, ob der Garpunkt richtig war. Das kann im Nachhinein auch nicht retuschiert werden. Ganze frische Fische sind ebenfalls sehr schwierig. Erstens, weil sie unglaublich glitschig sind und kaum an einer Stelle bleiben. Und zweitens, weil sie noch zucken, wenn sie extrem frisch sind.

Gibt es etwas, das Sie gar nicht gerne auf dem Teller sehen?

Pascalle Stettler: Auf Bildern mag ich gekochten Spinat nicht besonders. Man kann ihn zwar stylen, ich finde aber, dass er nicht besonders fotogen ist und daher oft nicht sehr appetitlich aussieht.

Jules Moser: Ich mag keine Arrangements, bei denen man sieht, dass mit dem Essen gespielt wurde, zum Beispiel ein «Gesicht» aus Gemüse. Mit anderen Worten: Dinge, die eigentlich nichts mehr mit Kulinarik zu tun haben.

Das A und O ist das Auge für Farben und Formen. Zudem müssen Foodstylist:innen sich gut mit Lebensmitteln auskennen und das Talent haben, Gerichte appetitlich in Szene zu setzen.

Alles in allem, was ist die grösste Herausforderung beim Foodstyling?

Pascalle Stettler: Was ich am schwierigsten finde, ist, dass die Geschmäcker von mehreren Leuten, die an einem Shooting beteiligt sind, total verschieden sein können. Man muss also ein Styling anbieten, das alle zufriedenstellt – auch wenn das bedeutet, dass man seinen persönlichen Geschmack manchmal zurückstellen muss.

Und was gefällt Ihnen am besten daran?

Pascalle Stettler: Es ist super spannend, wie unterschiedlich ein Gericht auf zwei verschiedenen Tellern wirken kann. Deshalb stelle ich gerne neue Kombinationen aus unserem Fundus zusammen. So entsteht immer wieder ein neues Bild. Am schönsten finde ich es jedoch, wenn ich die Kund:innen überraschen kann. Zum Beispiel, wenn ihnen ein Teller erst nicht gefällt, man dann aber ein wunderschönes Set aufbaut, sodass das Gericht sensationell aussieht.

Interview Akvile Arlauskaite
Bilder zVg

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